Gas  

Das Gasnetz kann mehr

Das weitverzweigte Gasnetz als Zwischenspeicher für grünen Strom, der sonst verloren ginge – das ist längst keine Utopie mehr: Power-to-Gas kann der Energiewende neuen Schwung verleihen. Und das schon in wenigen Jahren.

Die Wettervorhersage für die Woche verspricht gute Erträge: sonnig, leichter Wind mit Böen bis 37 km/h. Das freut den Windbauern. Über 100 Kilometer entfernt im digitalen Leitstand des Stromnetzbetreibers hat der „Dispatcher“ – er überwacht und steuert die Stromlast – den Wetterbericht auch gelesen. Seine Schlussfolgerung: Das kann eng werden. Denn wenn die Sonne gegen Mittag im Zenit steht, fluten die Photovoltaikanlagen das Netz zusätzlich mit viel Sonnenstrom. Dann muss er Rotoren drosseln und einige ganz aus dem Wind nehmen. Sonst droht eine Überlastung des Stromnetzes. Den Windbauern stört das wenig. Die Verbraucher müssen ihm den nicht erzeugten Strom trotzdem bezahlen. Denn der Windbauer hat für netzbedingte Produktionsausfälle Anspruch auf Entschädigung. Die Kosten dafür werden auf den Strompreis umgelegt.

Grüner Strom im Gasrohr

So oder ähnlich passiert es im Energiewende-Deutschland regelmäßig. Eine riesige Verschwendung von grünem Strom, die sein muss – noch. Denn schon seit Jahren fasziniert Forscher und Technologieentwickler die Idee, mit überschüssigem Wind- und Sonnenstrom aus normalem Wasser Wasserstoff (H2) und Methangas (CH4) herzustellen und im weitverzweigten Gasnetz zwischenzulagern. Damit können dann später wieder Wärme und Strom erzeugt werden – so wie es Haushalte und Unternehmen brauchen.

Problemlöser der Energiewende

Das Potenzial von Power-to-Gas ist enorm und könnte auf einen Schlag viele Probleme der Energiewende lösen. Mit dem weiterhin schwunghaften Ausbau von erneuerbaren Energien mit ihren wetterbedingten Erzeugungsschwankungen steigt die Dringlichkeit, temporäre Stromüberschüsse zwischenzulagern. Das deutsche Erdgasnetz ist dafür ideal geeignet. Mit einer Länge von 500 000 Kilometer könnte es nahezu grenzenlos in Gas verwandelten Sonnen- und Windstrom aufnehmen. Ein weiterer Vorteil: Damit würde das heute oft überforderte Stromnetz entlastet und der teure und umstrittene Ausbau der Strom-Autobahnen könnte deutlich geringer ausfallen. Hinzu käme: Die oft beklagte Abhängigkeit von Gasimporten insbesondere aus Russland ließe sich reduzieren, wenn mit Power-to-Gas erzeugtes heimisches Wind- und Sonnengas das fossile Erdgas aus dem fernen Sibirien ersetzen. Zu guter Letzt: Deutschland wird seine ehrgeizigen Klimaziele nur erreichen, wenn das Potenzial von Power-to-Gas genutzt wird. Das besagt eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme. Die Gasunternehmen investieren kräftig, damit das gelingt.

Zukunftsaussichten

Zurück in die Netzleitstelle vom Anfang, jetzt aber 20 Jahre weiter: Die Wettervorhersage für die kommende Woche sagt bedeckten Himmel und Windflaute voraus. Der „Dispatcher“ ist gelassen. Er weiß, dass im Erdgasnetz genügend Wind- und Sonnenenergie gespeichert ist. Und kann sich darauf verlassen, dass die digital gesteuerte Verstromung von grünem Gas automatisch den ausbleibenden Grünstrom ersetzt. Die Stromkunden merken von alledem nichts – außer vielleicht, dass der Aufschlag auf den Strompreis zur Entschädigung der Windbauern entfallen ist, weil Windräder nicht mehr abgeregelt werden müssen.

Technik auf dem Weg zur Marktreife

Die Power-to-Gas-Technik hat längst die technischen Labore verlassen. In Deutschland sind inzwischen mehr als 20 Pilotanlagen in Betrieb, zum Teil in industriellem Maßstab. Weitere Anlagen sind im Bau oder in der Planung. Audi beispielsweise erzeugt bereits seit 2014 etwa 1000 Tonnen synthetisches Erdgas pro Jahr. Es dient als Kraftstoff für die Erdgasfahrzeugflotte. Die Thüga-Gruppe betreibt in Frankfurt eine Pilotanlage. Sie war bundesweit die erste, die 2013 Strom mittels Elektrolyse in Wasserstoff umwandelte und in das Gasverteilnetz einspeiste. Momentan ist Power-to-Gas noch zu teuer. Experten sind sich uneins, wann die Marktreife erreicht sein wird. Während die Deutsche Energie Agentur dena schon in drei bis fünf Jahren damit rechnet, gehen andere von einem Zeitraum von bis zu 20 Jahren aus. Einig sind sich alle, dass die Politik es in der Hand hat, mit einem Anreizprogramm die Markteinführung bis 2022 sicherzustellen. Das wäre ein enormer Schub für die Energiewende.

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